Obwohl sich in den letzten zwei Jahrhunderten viele Forscher mit Jesaja 24-27 beschäftigt haben, herrscht unter ihnen immer noch ein grosser Dissens
bezüglich Ursprung, Struktur, Perspektive und Interpretation der so genannten Jesaja-Apokalypse.
Besonders die Auferstehungsfrage gibt Anlass zu Kontroversen. Während ein Großteil der Ausleger Jes. 26:19 (einige auch 25:8a) als erste Anspielung
auf eine leibliche Auferstehung im Alten Testament deuten, glauben andere, dass diese Passage (sowie auch andere in Jes. 24-27) vielmehr metaphorisch
auf die nationale Wiederherstellung Israels hinweist. Diese Arbeit stellt im Wesentlichen einen Beitragsversuch zur Lösungsfindung bezüglich der diversen
umstrittenen Fragen dar und ist in vier Hauptetappen aufgebaut.
Nach einem Abriss der in den letzten zwei Jahrhunderten geleisteten Forschung über die Jesaja-Apokalypse durch verschiedene Gelehrte und einer Argumentation
bezüglich der Einheit und Authentizität des Texts, folgt in einem zweiten Kapitel ein exegetischer und linguistischer Kommentar zu den vier Kapiteln mit
Strukturanalysen. Es wird aufgezeigt, dass die konzentrische Struktur der verschiedenen Passagen bzw. Stücke sowie der Verkettungsstil mittels
thematischer Parallelen und analoger Ausdrücke für die ursprüngliche Einheit der Jesaja-Apokalypse als Ganzes sprechen.
In einem dritten Kapitel wird speziell die crux interpretum 26:19 im Lichte des Gesamtkontextes analysiert. Während besonders der analoge Vers 26:14 und die
Ankündigungen in 26:21 für leibliche Auferstehung sprechen, scheinen 26:10.15-18 und 27:2-13 eher auf nationale Wiederherstellung hinzuweisen.
Im letzten Kapitel wird erklärt, dass nicht nur die Jesaja-Apokalypse, sondern auch viele andere Passagen im Alten und Neuen Testament auf ein irdisches
messianisches Reich hindeuten. Demnach würden 26:19 und 26:21 die leibliche Auferstehung der Gerechten und 27:2-13 die Rückkehr und nationale Wiederherstellung
Israels ankünden. Auch wird aufgezeigt, dass wenn ein irdisches Zwischenreich in Betracht gezogen wird, sich die Annahme von angeblichen Spannungen und/oder
Widersprüchen innerhalb von Jes. 24-27 und/oder zwischen diesen vier Kapiteln und anderen Teilen des Jesajabuchs als unbegründet erweist.